Wir alle sind introvertiert und extravertiert zugleich,
und doch schreiben wir uns nur der einen Seite zu. Woran liegt das?
//Ebene 1:
Stell dir vor du läufst über einen Feldweg. Links und rechts von dir liegen getrocknete Pflanzenreste, während der kühle Wind dir ins Gesicht weht. Du ziehst den Mantel etwas enger.
Schritt für Schritt. Ein paar Meter von dir entfernt befindet sich ein Fluss. Vor dir öffnet sich der Himmel und die Sonnenstrahlen fallen pittoresk auf das fahle Wasser. Es bilden sich kleine Strudel, die du beobachtest. Wie gemalt. Alles wie gemalt.
Du schließt die Augen. Was hörst du? Was siehst du? Was fühlst oder riechst du?
Niemand da der dich bewertet, niemand da der dich beobachtet, niemand da der dich kennt.
Bist du in diesem Moment introvertiert oder extrovertiert?
Ich dachte von mir selbst eine lange Zeit Ich wäre introvertiert. Dann zog Ich um und alles veränderte sich. Ich lernte neue Menschen kennen und kam, nachdem Ich die anfänglichen Herausforderungen bewältigt hatte, mit meinen innersten Werten in Kontakt.
Je nach Kontext veränderte sich das Ausmaß der Intro- beziehungsweise Extraversion. Je mehr Selbstbewusstsein Ich hatte desto extravertierter wurde Ich und vice versa.
//Ebene 2:
Das Gegensatzpaar „Extraversion – Introversion“ beschreibt eine stabile Persönlichkeitseigenschaft und wurde erstmals 1921 von dem Psychoanalytiker Carl Jung in seiner Theorie der Persönlichkeitstypen verwendet. In der Vorstellung von Jung kann die psychische Energie entweder nach außen (extravertiert) oder nach innen (introvertiert) gerichtet sein – jeweils bezogen auf Wahrnehmung, Intuition, Denken und Fühlen.
Wie bei einem Magneten bedingen die Pole sich gegenseitig. Teilt man einen Magneten durch Gewalteinwirkung so entstehen zwei neue Magneten. Wir Menschen sind niemals nur auf der einen oder anderen Seite dieses dualen Systems sondern unterscheiden uns nur graduell voneinander. Würde man versuchen diesen Grad zu messen hätten wir nur punktuelle Ergebnisse, die wenig über unsere gesamte Persönlichkeit und die zukünftige Entwicklung aussagen, genau wie Schulnoten. Ich behaupte alles ist veränderbar.
Laut Eysenck sind extravertierte Menschen eher:
- gesellig
- unbedacht/leichtfertig
- dominant
- abenteuerlustig
- impulsiv
- risikofreudig
- ausdrucksstark
- aktiv
Introvertierte Menschen sind eher:
- still/ruhig
- zurückhaltend
- in sich gekehrt
- reserviert
- schüchtern
Dies impliziert introvertierte Menschen seien sozial inkompetent. Dabei spiegelt diese Einteilung erstmal nur wohin die Energie vorrangig fließt. Introvertierte Menschen können großartige Reden halten und tiefe Freundschaften knüpfen, da sie wissen, dass man erst sich selbst verstehen muss, um andere Menschen zu verstehen.
Die lebenden Beweise sind Menschen wie Steve Jobs, Bill Gates, Elon Musk und Warren Buffet. Diese und viele weitere introvertierte Persönlichkeiten finden sich laut neusten Studien erstaunlich oft in den oberen Manager- und Innovatoren-Kreisen.
//Ebene 3:
Zu Eysencks großer Leistung zählt, dass er auch eine Theorie, um die Unterschiede zwischen extravertierten und introvertierten Menschen zu erklären. Eysenck nahm an, dass die Unterschiede auf Unterschiede in der Erregbarkeit des kortikalen Gehirns zurückgehen. Extravertierte Menschen sind gesellig, risikobereit und abenteuerlustig, weil es ihnen an inneren Reizen mangelt und sie daher äußere Anregungen benötigen, um ein optimales kortikales Erregungsniveau zu erreichen.
Es gibt viele Gründe warum wir nicht nur das Eine oder Andere sind. Genetische Gründe die unveränderlich scheinen und der Umgang mit unserer Ausgangssituation, der bestimmt was aus uns wird.
Je öfter wir uns innerlich sagen was wir sind, desto mehr wird dies zu unserer Realität. Wir programmieren uns selbst durch die Worte die wir nutzen und die Menschen mit denen wir uns umgeben. Es macht daher Sinn bewusst zu selektieren, anstatt das Outcome dem Zufall zu überlassen.
In dem Film „TAU“ entschließt ein Entwickler Menschen zu entführen, um deren emotionalen, neuronalen Strukturen zu extrahieren und so seiner Erfindung, einer hochsensiblen, künstlichen Intelligenz, mehr Menschlichkeit zu verleihen. Wie es kommen muss befreit sich die Protagonistin, muss allerdings feststellen, dass sie sich in der unterirdischen Wohnung ihres Entführers befindet. Sie baut eine Beziehung zu Ihrem Gegenspieler auf. In einer Szene fragt sie Ihn, warum er TAU versteckt halte. Seine Antwort:
Der Informationsfluss beeinflusst das Verhalten.
Es klingt makaber, aber genau so ist es auch bei uns Menschen. Befindest du dich in einem kranken Umfeld wirst du krank, befindest du dich in einem gesunden Umfeld so wirst du Gesund.
Ganz gleich was du auch tust, du wirst die Welt niemals sehen wie sie ist. Du wirst sie immer nur sehen, wie du bist.